Bericht aus Pariivka (Juni 2023)
Liebe Freunde, Freundinnen und UnterstützerInnen,
Als wir euch das letzte Mal berichteten, war der Winter über Pariivka hereingebrochen und der Krieg ging mit der systematischen Zerstörung der ukrainischen Infrastruktur weiter. Nun ist der Winter überstanden und Hans ist vor Pfingsten von seinem zweiten Arbeitsaufenthalt in diesem Jahr zurückgekehrt.
Die rasche Beschaffung des Stromgenerators war von enormer Bedeutung für Zoloti Luky. Dank diesem Generator konnten wir den Betrieb geordnet aufrechterhalten. Wir konnten die Kühe immer melken, auch wenn die öffentliche Stromversorgung ausfiel. Und wir mussten auch die Milchverarbeitung nicht unterbrechen, so dass wir unsere Unterstützung in Form von wöchentlich gratis abgegebenen Milchprodukten bis heute durchgehend leisten konnten.
Kriegsgeschehen
Unser Dorf Pariivka ist nach wie vor nicht direkt von physischen Kriegshandlungen betroffen. Trotzdem gibt es mehr und mehr traurige Nachrichten. Zwei Personen, die in der Zeit seit 2007 für Zoloti Luky gearbeitet hatten und welche wir persönlich kannten, sind im Krieg gefallen. Aktuell sind mehrere unserer Mitarbeiter zuvorderst in Bachmut am Kämpfen. Das tägliche Bangen drückt auf die Stimmung. Unsere Mitarbeiter müssen Verluste in ihren Familien und in ihrem Freundeskreis ertragen. Der Kriegstod ist definitiv auch in Pariivka angekommen.
Bei uns im Dorf und in der Region haben immer noch viele Inlandvertriebene Unterschlupf gefunden. Und für viele der betroffenen Leute wird es wohl länger wenig Chancen geben, an ihren ursprünglichen Wohnort zurückzukehren. Die temporäre Unterkunft entwickelt sich in vielen Fällen zu einem Provisorium. Die beiden Familien, welche seit letztem Frühling in unserem Häuschen in Pariivka untergekommen sind, beispielsweise müssen damit rechnen, dass die Rückkehr in die Gegend um Mariupol noch länger nicht möglich ist. Wenn überhaupt. Im kleinen Häuschen, welches für vier Personen ausgelegt ist, leben die beiden Familien mit den Grosseltern mit insgesamt 10 Personen. Die beiden Familienväter sind mittlerweile auf unserem Betrieb als Top-Handwerker fest angestellt, zu denselben Bedingungen wie die übrigen Mitarbeiter.
Eure Hilfe an die Ukraine
Wir konnten dank euch den ganzen Winter über unsere humanitäre Unterstützung weiterführen. Von Januar bis April 2023 haben wir Milchprodukte und finanzielle Unterstützung im Umfang von rund CHF 10’000 geleistet. Damit waren unsere monatlichen Leistungen auf ähnlichem Niveau wie Ende 2022. Seit wir unsere Hilfen vor Ort letztes Jahr starteten konnten wir folgende Milchprodukte im Gegenwert von rund CHF 25’000 abgeben:
- Käse: 3’334 kg
- Butter: 166 kg
- Joghurt: 600 kg
- Quark: 548 kg
- Sauerrahm: 120 kg
- Milch: 267 Liter
Käse ist für den Transport in die Kriegsgebiete am besten geeignet, da dieser nicht so heikel auf fehlende Kühltransporte reagiert. Frischprodukte gingen eher in das nahegelegene Spital.
Unser Hauptpartner sind die Freiwilligenorganisation «stählernes Herz» in Winniza und das regionale Spital im Nachbarort Illintsi. Das Spital in Illintsi betreut permanent gut 20 verletzte Personen aus den Kriegsgebieten, welche dort keine medizinische Hilfe erhalten können. «Stählernes Herz» transportiert die Hilfsgüter aufgrund von Bestellungen, die über die sozialen Medien eintreffen, bis zuvorderst in das Kriegsgebiet. Die letzten Kilometer stets unter grosser Lebensgefahr. Via soziale Medien erhalten wir zahlreiche Rückmeldungen aus dem Kriegsgebiet.
Unsere gelb verpackten Käse gelangen teilweise bis in die Region von Bachmut.
Neben der regelmässigen Hilfe mit Milchprodukten unterstützen wir Leute bei Bedarf mit Waren aus dem Landwirtschaftsbetrieb oder teilweise auch direkt mit Bargeld. Insgesamt belief sich unsere humanitäre Hilfe seit Kriegsbeginn auf CHF 43’000 und wir fahren so lange wie möglich damit weiter.
Das von Euch gespendete Geld kann auf diesem Weg unbürokratisch und ohne Administrationskosten eingesetzt werden. In den nächsten Wochen geben wir wiederum einem aussenstehenden Revisor Einblick in unsere Aufzeichnungen und die Abrechnung des Hilfskontos.
Herzlichen Dank jedem und jeder Einzelnen von euch für eure Einzahlungen, welche nach unserem letzten Bericht eingegangen sind und teilweise weiterhin auf dem Hilfskonto eintreffen. Mit dem aktuellen Stand auf dem Hilfskonto können wir unsere Aktivitäten voraussichtlich bis im kommenden Herbst finanzieren. Ohne eure Unterstützung hätten wir Mühe gehabt, den Betrieb durch das Jahr 2022 zu bringen und hätten die humanitäre Unterstützung nicht in diesem Umfang kontinuierlich leisten können.
Neben dem materiellen Wert spüren die UkrainerInnen die Solidarität und diese ist ein wesentlicher Faktor für die Moral. Aus diesem Grund wollen wir weiterhin verlässlich sein und Unterstützung leisten, wo uns dies sinnvoll scheint. Klar ist es auch, dass wir dies überdenken werden, sobald sich die Lage ändert und normalisiert. Und darauf hoffen wir jeden Tag!
PS. von einigen von euch fehlen uns die Emailadressen für den Versand unserer unregelmässigen Berichte. Bitte sendet uns in diesem Fall eure Emailadresse an thomas.graf@zolotiluky.com
Herzlichen Dank nochmals für eure Unterstützung und liebe Grüsse
Thomas, Vadym und Hans